Eigentlich war es schon bei Schulbeginn offensichtlich: Die eine Schultüte, die jedes Kind im Kindergarten kurz vor der Einschulung basteln durfte, reichte mir nicht aus. Es gab ja wohl offensichtlich die verschiedensten Möglichkeiten, eine Schultüte zu designen. So legte ich mit sechs Jahren einen Ordner an, in dem ich meine Ideen für eine Schultüte festhielt. Und nicht nur meine eigenen Ideen fanden darin Platz: jeder in meinem Umfeld durfte – oder musste (dem Kindercharme sei Dank) seine Vorstellung einer idealen Schultüte in meinem Ordner verewigen. Wem gefällt was, wer fühlt sich mit welchen Farben wohl, wer mag es schlicht, wer extravagant? Mit was kann man wen glücklich machen? Die erste Kollektion war sozusagen entstanden. Mit 1000den von Kilometern Stricklisel Würsten, Häkeln, Kleben, Basteln und Wände anmalen vertrieb ich mir die Zeit, bis ich endlich das Alter erreicht hatte, in dem ich die Pfaff Nähmaschine von 1967 meiner Oma benutzen durfte. Und dabei blieb es: das Nähen hatte mich gefunden und ich beschloss Modedesignerin zu werden! Oder vielleicht doch Psychologin......? Woher weiss der Mensch wohin sein Weg führt, welcher Beschäftigung er nachgehen möchte, so ganz freiwillig, so ganz ohne Absicherung und Angsttaten? Erstmal ein Praktikum bei Orwell in der 10. Klasse und gleichzeitig die erste Konfrontation mit der Leistungsgesellschaft und den Dämonen unserer Zeit: der Angst, seinem Traum zu folgen und dann kläglich zu scheitern, weil nicht für alle Menschen genug Raum ist, seine Träume zu leben.... von 100 Modedesign StudentInnen landen 95 in der Schnitttechnik am Computer und setzten die Ideen der 5 Glücklichen um, die es geschafft haben, ihren Traum zu leben. Hmmm ...... dann vielleicht doch lieber ein Psychologiestudium und Kleidermachen als Hobby? Ein Versuch allem gerecht zu werden musste her und ich entschied mich für ein Studium der Kreativen Therapie in Holland - Dann eben auf diese Weise die Angst umgehen, mit dem eigenen Traum den eigenen Lebensunterhalt nicht stemmen zu können und dann noch was soziales dazu....Leistungsgesellschaftsmässig also ganz vorne dran.... Ähm nee, dann kommt das Leben noch dazwischen und schon ist die Klarheit verloren, wo`s denn jetzt so ganz genau hingehen soll mit mir im Leben, im Beruf mit den Träumen. Also doch auf die akademisch sichere Schiene gefallen und Psychologie bis zum Master durchgezogen und mit welchem Resultat: Eigenes Label, eigener Traum. Und entgegen aller aufgedrückten Meinungen, glücklich mit all dem, was mir auf dem Weg bis zum Schreiben dieser Sätze für meine eigene Homepage, dem für mich so gefürchteten Abschnitt “Über“, begegnet ist. Wenn der Mensch auf sein Inneres hört, sich selbst sieht und wahrnimmt, bei welcher Tätigkeit seine Augen leuchten und das Gesicht bis über beide Ohren strahlt, dann weiss er, wo es hingehen darf im Leben. Denn es ist immer genug Raum für alle Menschenträume da. Meine Arbeit macht mich also glücklich, ich erfinde gerne, Arbeite gerne mit den Händen und bin zufrieden, wenn ich am Abend in meinem Atelier ein neues Kleid, eine neue Tasche oder neue Lingerie entdecke. Aber wenn ich in der Umkleidekabine mit einer Kundin stehe und im Spiegel nicht nur meine, sondern auch Ihre Augen beim Betrachten des Kleidungsstücks an ihr leuchten, dann habe ich meinen Traum wirklich erfüllt.
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lisa nill